Ein Gespräch

Was ist wichtiger – das fertige Werk oder der Prozess?

Es geht mir weniger um das fertige Werk als um jenen flüchtigen Moment, in dem ich mich selbst darin erkenne. Nicht das Ziel zählt, sondern die Spur, die sich durchs Offene zieht. Ich mag das Arbeiten mit Möglichkeiten, das Suchen ohne Landkarte, das tastende mit dem Unbekannten. Und dann, gibt es diesen Moment, der etwas tief innen berührt, etwas aufrührt, das sich nicht greifen lässt. Eine Kraft, die sich der Sprache entzieht. Das fertige Werk? Kein Ende, mehr ein weiterer Beginn.



Was ist für Dich der Kern von Kreativität?

Kreativität ist für mich eine Form von Umsetzungsenergie – aber nicht im Sinne von Machen um jeden Preis, sondern im Zulassen, im Sich-anvertrauen. Es geht ums Schöpfen, um zu begreifen, zu erinnern, zu erkennen. Eine Bewegung, die ins Fließen kommt, sobald ich mir erlaube, offen zu bleiben. Wach. Undurchgeplant. Bereit für das, was sich zeigt.

Warum ist künstlerischer Ausdruck für Dich so wichtig?

Wir leben in einer Welt, die darauf konditioniert, nützlich zu sein. Kunst erinnert mich daran, lebendig zu sein. Kunst erklärt die Welt nicht, sie erweitert sie. Sie erlaubt es mir, Fragen zu stellen, die häufig ihre eigenen Antworten sind. Künstlerischer Ausdruck bedeutet für mich, dem zu folgen, was mich wirklich fasziniert und begeistert – das ist, was ich nicht ignorieren kann.

Wann entsteht etwas wirklich Neues?

Wenn ich mich von der Illusion befreie, etwas zu wissen. Wenn ich den Schritt ins Unbekannte wage – ohne Sicherheitsnetz, ohne Plan. Das Neue entsteht in dem Raum, in dem sich Erwartungen auflösen und Möglichkeiten entstehen. Wenn meine Aufmerksamkeit dorthin driftet, wo niemand sie erwartet. Nicht einmal ich selbst.

Wie denkst Du über die Freisetzung von Potenzial?

Lass dich nicht definieren. Nicht durch deinen Job, nicht durch deine Umgebung, nicht durch die Gesellschaft – und vor allem nicht durch dich selbst. In dem Moment, in dem ich mich identifiziere, beschränke ich mich in meinen Möglichkeiten. Kunst ist das Gegenteil von Gehorsam. Sie beginnt dort, wo ich bereit bin, mich selbst zu hinterfragen. Immer wieder neu, immer wieder …

Wann bewegt Dich die Kunst?

Ich bin berührt von dem Unperfekten – von dieser rohen Kraft, die mich einfach packt. Von der wilden Energie von etwas, das sich nicht erklären will. Kunst trifft mich, wenn sie mich aufrüttelt, wenn sie mich inspiriert, wenn sie mich an etwas erinnert, was ich meine, längst vergessen zu haben. Wenn sie mit mir spricht, ohne Worte zu brauchen.

Welche Eigenschaften sind für Deinen künstlerischen Prozess wesentlich?

Tiefes Vertrauen. Hartnäckigkeit. Die Bereitschaft, alles zu fühlen, alles zu hinterfragen, zu spielen. Sich der Kostbarkeit der eigenen Aufmerksamkeit bewusst zu sein – sie nicht zu verschwenden. Kunst verlangt Hingabe. Den Mut, darauf zu achten, mich nicht zu wiederholen oder in auftauchenden Schleifen stecken zu bleiben.

Was ist die größte Herausforderung im Künstlerdasein?

Nichtwissen, immer wieder zu hinterfragen, in Bewegung zu bleiben. Die größte Herausforderung ist nicht das Schaffen an sich, sondern die Aufrechterhaltung des Raums, in dem Kreativität stattfinden kann. In der Kunst geht es nicht darum, Meister zu sein – viel mehr darum, Anfänger zu bleiben.

Woher weiß man, wann ein Werk fertig ist?

Wenn es mich nicht mehr braucht. Wenn es für sich selbst spricht, losgelöst von meinen Absichten. Ein Werk ist nie wirklich fertig – es wird nur im richtigen Moment aufgegeben. Bei manchen Werken dauert es Jahre, bis ich sie los- und damit ins Leben lassen kann, andere verlassen mich, bevor ich sie überhaupt verstanden habe.

Gibt es Fragen, die wiederholt auftauchen?

Wer spricht da, wer hört zu? Ich glaube, jede kreative Arbeit ist in gewisser Weise ein Versuch, zuzuhören – auf das, was da ist, auf das, was entstehen will, auf das was war.

Was rätst Du jemandem, der auf der Suche nach seiner künstlerischen Stimme ist?

Vergiss Perfektion. Folge dem, was verunsichert, was anzieht, was keine Ruhe geben will. Deine Stimme ist nicht etwas, das du erfindest – sie ist etwas, das du durch dein Tun entdeckst. Spiele, experimentiere, bleibe bei Dir, vertraue.

Was bleibt, wenn alles andere verblasst?

Nur die Erfahrung. Der Prozess, die Momente der Klarheit, die stillen Dialoge zwischen mir und dem was ich da in die Welt bringe. Nicht das Ergebnis, nicht die Anerkennung, nicht die Erwartung oder die Erklärung. Was bleibt, ist die Verwandlung, die Transformation, die Spuren von etwas, das einmal durch mich durchgegangen ist. Kunst ist nicht das, was ich zurücklasse – es ist das, was ich gelebt habe.



Interdisziplinärer Künstler, Forscher und intuitiver Grenzgänger in den Bereichen Fotografie, digitaler Kunst, Malerei, Sounddesign, Musik, Lyrics und Philosophie.

Meine Arbeiten entstehen, wenn Wahrnehmung, Intuition und der Moment sich zu einem unerwarteten Ganzen fügen. Als feinfühliger Beobachter und kreativer Forscher bewege ich mich außerhalb gewohnter Strukturen. Mein Ansatz? Verbindungen sichtbar, hörbar und spürbar zu machen.

Um mich zu erinnern.