jedes mal,  
wenn wir die erinnerung berühren,  
wirkt sie wie ein druck,  
immer wieder neu gesetzt,  
bis der raum zwischen den zeilen  
zu einem wunden punkt wird.  

wir leben in der wiederholung,  
nicht in der vergangenheit.  
die vergangenheit ist tot,  
wir holen sie immer wieder  
ins leben,  
bis sie uns lebt.  

die geschichte, die wir erzählen,  
ist nicht die, die wirklich war,  
es ist die,  
die wir immer wieder erfinden,  
um uns zu erinnern,  
was da mal gefühlt wurde.  

jede erinnerung,  
ein neues gesicht  
mit den gleichen zügen.  
und doch sehen wir nie  
den ersten moment,  
nur das,  
was wir daraus erschaffen haben.  

was war,  
ist nicht mehr
was bleibt,  
ist der schmerz,  
der wiederholung.  

jeder schreibt 
seine eigene geschichte,  
die sich immer wieder  
neu aufblättert,  
obwohl die seiten  
meist längst vergilbt sind.  

und bleiben da,  
was wir gestern gefühlt haben,  
nicht weil es wahr ist,  
sondern weil wir es heute  
mit der gleichen intensität  
wieder fühlen.  

es gibt eine stille  
zwischen den seiten,  
die nicht festgelegt ist.  
die erinnerung kann schweigen,  
sie muss nicht immer wieder  
die gleichen narben aufreißen.  

wenn wir aufhören,  
die vergangenheit immer wieder 
zu rekonstruieren,  
um uns selbst in ihr zu finden,  
macht es mehr sinn
den moment zu fühlen,  
der jetzt ist.

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text u.bild m.w.